Smart Santander Map

Smart Santander Map

Die nordspanische Stadt Santander hat die Möglichkeiten neuer IT-Infrastruktur oder auch das „Internet of things“ (IoT) zu ihrem Thema gemacht. Beim diesem Internet der Dinge handelt es sich grundsätzlich um via Internet verbundene und kommunizierende Geräte und Datenbanken. Dieser Daten- oder Informationsaustausch soll dabei zu einem städtischen oder unternehmerischen Mehrwert führen. Ähnlich wie in Friedrichshafen (D) oder Songdo (China) kooperieren die Stadt (Bürgermeister, Fachverwaltungen), Forschungsinstitut und ein großes Telekommunikationsunternehmen. Die Partner in Smart Santander ergreifen die technischen Möglichkeiten um Prozesse in der Stadt zu analysieren, zu vermessen und durch resultierende Erkenntnisse oder neue Systeme besser zu steuern. Was heißt das praktisch?

Im Austausch mit Luis Muñoz, Professor an der Universität von Cantabria und technischer Manager von Smart Santander, konnte unser Gastautor Stefan Fritzsche von clubvirtuel Fragen klären und einen handfesten Eindruck vom Stand der intelligenten Stadt „Smart Santander“ gewinnen.

Für verschiedene Anwendungen wurde im innerstädtischen Bereich ein noch weiter ausbaubares Testfeld installiert. Die Forschung soll die Systemarchitektur entwickeln und das Zusammenspiel der drahtlosen Geräte prüfen, das Testen von diversen Anwendungen ermöglichen sowie Aussagen zur Technologieakzeptanz treffen. Die technische Plattform oder auch die entsprechende System-Architektur steht bereits seit September 2010 zur Verfügung. Für die Messung von Temperatur, Bewegung oder Schadstoffen sind im Straßenraum Geräte installiert (IoT node). Sie geben die Signale meist per Funk weiter an einen Signalverstärker, die in geringer Zahl und hoch an Ampeln oder Hauswänden befestigt sind. Deren Informationen aus dem Sensoren-Netzwerk laufen dann weiter an einen übergeordneten Knotenpunkt, welcher wiederum mit der technischen Server-Plattform verbunden ist, wo die Daten gesammelt und ausgewertet werden.

Repeater and Gateway

Repeater and Gateway

Santander-Map und Nutzen der Daten

Die öffentlich einsehbare Karte zu den Tests und den Messwerten in Santander ist besonders aufschlussreich. So symbolisieren die Glühbirnen Sensoren für die Lichtintensität und die Temperatur (einzelne Temperatur-Messer sind ebenso installiert). Die grauen Parkschilder informieren zu besetzten Parkplätzen. Blau signalisiert, dass der Parkplatz frei ist. An diesen Daten hat ein Unternehmen zur Parkraumbewirtschaftung Interesse. Mit den erhobenen und stets aktuell verarbeiteten Daten können freie Stellflächen angezeigt werden. Damit kommen die Autofahrer schneller zum Stehen und zeitsparend zu ihrem Ziel. Insbesondere im Verkehrsbereich fallen in vielen Städten Straßen-Leitsysteme auf, die auch aus der Auswertung von Informationen bestehen und vielfach an Ampelschaltungen gekoppelt sind. Die grünen Kreise markieren Messungen zu C02 und Temperatur. Das Überwachen von Schadstoffen oder Umweltbeeinträchtigungen organisiert die Umweltbehörde. Dies auch vor dem Hintergrund steigender europäischer Anforderung an die Gesundheit in der Stadt und deren Nachweis.

Die Verkehrssteuerung könnte auf kritische Messungen von Lautstärke und Schafstoffen dynamisch mit Beschränkungen bei der Geschwindigkeit reagieren. Fahrverbote bei Smog gibt es ohnehin schon. In der Stadtplanung wird dabei auch verstärkt über den innerstädtischen Temperaturanstieg durch Klimaerwärmung diskutiert. Sensoren könnten dazu zunächst aufschlussreich Messungen liefern und letztendlich helfen Hitzeräume frühzeitig zu identifizieren um z.B. Familien mit Kleinkindern und Hochbetagte gezielt über Risiken zu informieren. Nun sind wir bereits bei den weiterführenden Möglichkeiten angelangt. Insbesondere beim städtischen Verkehr (-sfluss), der städtischen Mobilität samt ÖPNV scheint viel denkbar. Das Auto selbst könnte Informationen kommunizieren.

Die Werte aus dem Sensoren-Netzwerk könnten auch unmittelbar in ein Geoinformationssystem eingespielt werden. Planern wäre es so stets möglich, räumliche Qualitäten und lokale Emissionen zeitnah zu bestimmen und auf bessere Messreihen zurückzugreifen. Die Zusammenschau der Daten könnte auch bei der Modellierung von Szenarien helfen, Stichwort dazu sind Mikroklima in Grünräumen oder Überschreitung von Lärmrichtwerten. Praktischen Nutzen ist auch für den Katastrophenschutz gegeben. Komplexe Lagebilder könnten mit den ansteigenden Messwerten und –station erstellt werden – anfänglich vorstellbar für besondere risikoreiche Teilräume. Ich muss unmittelbar an die Überwachungsnetze in englischen Städten denken. Szenen aus dem öffentlichen Raum laufen dort in kurzen Abständen über Bildschirmwände. Allerdings können jene visuelle Daten kaum automatisiert ausgewertet werden und wenn greifen sie augenscheinlich in Persönlichkeitsrechte ein. Andere Bereiche für das Internet der Dinge in Stadt und Region sind intelligente Energienetze bei Strom abnehmenden und einspeisenden Netzteilnehmern (Stichworte wie Windernergieanlagen, Elektro-Autos).

Die Bewohner von Santander?

Den Experten Muñoz habe ich auch nach der Einbindung von Bewohnern befragt. Bei smart cities dachte ich immer an Sensoren am Körper oder Eingabegeräten, z.B. direkt in der Tasche von der Feuerwehrfrau um für das Katastrophenschutzmanagement direkt zu berichten. In Santander sind die Bewohner bisher allerdings nur über Umfragen eingebunden. Anhand von Fragebögen werden Servicewünsche und die Akzeptanz der technischen Geräte ermittelt. „In the next future we plan to include people sensing through sensors embedded to their smart phones.” (Professor Muñoz, Nov 2011). Immerhin soll zukünftig auf intelligente Mobiltelefone mit Internetzugang und Satellitenkontakt zurückgegriffen werden. Mit mobilen Rückmeldeoptionen, GPS-Ortung und Sensor-Apps wird es wirklich smart. Ideen aus dem IoT-Comic, an dem Professor Muñoz allerdings nicht mitgewirkt hat, erscheinen so greifbarer. Zu den aktuellen Ergebnissen aus dem Testfeld und zu zukünftigen Anwendungen stehen die Projekte vielfach mit europäischen Partnern in Kontakt.

Vielen Dank an Luis Muñoz, Professor am Communications Engineering Department (DICOM), Universität von Cantabri für die Fotos und Auskünfte

 

Der Autor:

Stefan Fritzsche, Dipl.-Ing. Stadtplanung. Autor und Betreiber des Blogs Club Virtuel. Einst von drei Studierenden im Rahmen eines Studienprojekts initiiert, soll der Blog als Austauschmöglichkeit für die thematische Verküpfung von Stadt und Internet dienen. Die Wechselwirkungen von `online` Räumen über `offline` Räume werden vielfältig thematisiert.