Unter dem Motto: „Da kann ja jeder kommen. Über die Amateurisierung der Welt“, sprach Dirk von Gehlen in seinem Vortrag am Sonntag morgen darüber, wie sich die Welt durch die Demokratisierung der Produktionsmittel und damit verbundene zunehmende Kompetenz von Amateuren verändern wird. Von Gehlen, der Redakteur der Süddeutschen Zeitung ist, wies darauf hin, dass der Begriff vom lat. amare komme und somit „Amateur zu sein heißt, etwas aus Liebe zu tun“ und sprach damit einen fundamentalen Wandel des digitalen Zeitalters an, der auch gerne mit user-driven-innovation beschrieben wird. Aus Begeisterung beschäftigen sich Menschen mit Themen und erlangen, durch ausdauernde Beschäftigung, eine hohe Kompetenz in diesem Bereich. Damit „wächst die Könnerschaft auf allen Ebenen und die Grenze zwischen Profis und Amateuren wird zunehmend dünner“ wie ein Zuhörer anmerkte. Welch gravierenden Wandel dies für die Medien bedeutet, zeigt sich beispielshaft an der Tagesschau. Zwar schaue man diese immer noch, aber man wisse bereits im Vorfeld, was dort die relevanten Themen sein werden. „Die Menschen gehen sozusagen satt ins Restaurant“, was dann natürlich ein neues Geschäftsmodell erfordere. Als Informationslieferant seien die Medien veraltet, stattdessen können sie ein verbindendes (und exkludierendes) Element, indem sich das Lebenskonzept durch den Medienkonsum ausdrückt. Die Lösung ist, das zu nutzen, „was Internet kann: Menschen verbinden und Haltung kommunizieren“.

Allerdings wurde auch die Kehrseite andiskutiert, nämlich die Frage, woran man den Könner vom Scharlatan unterscheiden könne, wenn jeder zu etwas eine Meinung hat und diese im Netz uneingeschränkt publizieren kann. Diese Lücke zu schließen wäre, so der Vorschlag, doch eine gute Möglichkeit bei der Neuausrichtung veralteter Medien. Auch die Schaffung eines Online-ADAC, den Begriff hat von Gehlen vor einem Jahr geprägt, wäre eine sinnvolle Möglichkeit, wie hier nachgelesen werden kann.

Benjamin David von den Urbanauten ließ kurz vor dem Mittagessen alle nochmal erzittern, in dem er androhte ein kurzes Schlusswort zu sprechen...

Die anschließende Podiumsdiskussion lenkte den Blick dann München und auf die Nutzung des öffentlichen Raum. Spannend war hierbei die Diskussion um die Genehmigung, bzw. das Verbot von Flashmobs anhand des konkreten Beispiels „Stehen – Damit es weiter geht“. Es ging um das Gefährdungspotential durch solche Veranstaltungen, aber auch die Schwierigkeiten der Verwaltung ganz neue Raumnutzungskonzepte (wie urbanes Gärtnern, temporäre Nutzungen von Straßen, etc.) zu genehmigen. Dabei wurde klar, wie relevant hier eine Neudefinition von Nutzungen für den Öffentlichen Raum ist. Denn diese Teilöffentlichkeiten haben eine gesellschaftliche Aufgabe und dienen der Gemeinwohlorientierung (z.B. Lebensmittelproduktion und Verbesserung des Mikroklimas durch urbane Gärten). Auch die Frage nach der Privatisierung des öffentlichen Raumes wurde gestellt und kritisiert. Die vielfach zu beobachtende Enteignung „ist das Schlimmste, denn damit zieht man die Öffentlichkeit raus“. Dementsprechend braucht es eine „verantwortliche Verwaltung, die sich um den Raum kümmert“ wie Siggi Benke von den Münchener Grünen anmahnte.

Den Blick zurück ins Digitale warf dann Patrik Gruber, der die Privatisierung des öffentlichen Raumes auch im digitalen Raum bemängelte. Seiten wie www.muenchen.de ist privatwirtschaftlich betrieben, so dass man dort, möchte man hier was ändern, teilweise Geld zahlen müsste. Auch der Auftritt von München auf Facebook war eine Zeitlang offline. Die Langsamkeit von Seiten der Verwaltung zeugt von fehlendem Bewusstsein für das Internet. Damit wurde klar, dass der Unterscheid zwischen „real“ und virtuell gar nicht so groß ist, wie teilweise formuliert, sondern vielfach die gleichen Diskussionen geführt werden müssten. Damit endete die Tagung mit einem wichtigen Plädoyer für Erhaltung von Freiräumen in all ihren unterschiedlichen Arten und der Anerkennung des Internets als gesellschaftlichen Raum.