Jede größere Stadt in Deutschland kann sich mittlerweile mit ihrem eigenen Urban Gardening-Projekt schmücken. Urbane Landwirtschaft hat nach wie vor Konjunktur und wird von der Öffentlichkeit, aber auch in Fachdiskursen vermehrt zum Thema. Überall wird gesät, gepflanzt, gepflegt, geerntet. Machen sich die Städte damit auf den Weg zu einer urbanen Selbstversorgung vor der Haustür?

Die Brooklyn Grange in New York: Eine saisonale, kommerziell arbeitende Dachfarm, die ihr Ernte über Supermärkte und Wochenmärkte in der Nahcbarschaft vertreibenQuelle: Forschungsprojekt ZFarm

Die Brooklyn Grange in New York: Eine saisonale, kommerziell arbeitende Dachfarm, die ihr Ernte über Supermärkte und Wochenmärkte in der Nahcbarschaft vertreiben

 

Neben den temporären Gartenprojekten auf Brachflächen, die durch einen hohen Innovationsgrad gekennzeichnet sind, geistern seit einigen Jahren vermehrt vermeintlich utopische Entwürfe von Dach- und Fassadengewächshäuser oder gleich ganzen vertikalen Farmen durch die Presse und das Netz. Urban Gardening beflügelt die Gedanken der Architekten, Designer und Planer. Aber sind diese Ideen realistisch? In Nordamerika ist man schon einen Schritt weiter: Building-integrated Agriculture und Rooftop Farming (urbanophil berichtete) sind aktuell vermehrt zu beobachtende neue Formen einer städtischen Landwirtschaft, die einen ganzjährigen und kommerziellen Anbau mitten an, auf, in der Stadt möglich machen. Wie aber könnte die Realisierung eines solchen gebäudegebundenen Anbaus von Obst und Gemüse zum Beispiel in Berlin aussehen?

Dieser Frage hat sich in den vergangenen drei Jahren das Forschungsprojekt ZFarm – Städtische Landwirtschaft der Zukunft gewidmet. Der interdisziplinäre Forschungsverbund (Stadtplanung, Politikwissenschafetn, Agrar- und Sozialwissenschaften) hat dabei untersucht, wie Projekte der gebäudegebundenen Landwirtschaft realisiert werden könnten.

Nachhaltig produzieren und konsumieren – diese zwei Aspekte städtischer Landwirtschaft stehen im Zentrum des Projekts ZFarm. Frische Nahrungsmittel sollen nah beim Verbraucher und möglicherweise von ihm selbst produziert werden. Innovative, agrartechnische Anbauformen können sehr gut auf Städte übertragen werden und ermöglichen gute Erträge bei verringertem Flächenverbrauch und reduzierten Emissionen. Dabei werden Gebäude genutzt, um auf Dächern, an Fassaden oder im Gebäude Nutzpflanzen, beispielsweise Obst und Gemüse anzubauen.

Dazu wurde zunächst eine globale Bestandsaufnahme existierender ZFarming-Projekte erstellt und ausgewertet. Auf der Grundlage der so identifizierten Typen gebäudegebundener Landwirtschaft wurde im Rahmen eines partizipativen Roadmappingprozesses ein Leitfaden erstellt. Dieser wurde durch das Team der Wissenschaftler gemeinsam mit Vertretern aus Verwaltung, Forschung, Wirtschaft und Praxis in einer fünfteiligen Workshopreihe entwickelt. In den Workshops wurde untersucht, welche Aspekte für eine erfolgreiche Realisierung eines ZFarming-Projektes beachtet werden müssen, welche Rahmenbedingungen dafür notwendig sind und wie diese hergestellt werden können. Er beschreibt alle notwendigen Schritte, um erfolgreich die gebäudegebundene Pflanzen- und Lebensmittelproduktion in Dachgewächshäusern betreiben zu können – z.B. die Standortwahl, Vermarktungsansätze oder die Wahl eines passenden Betreibermodells.

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Neben dieser strategischen Roadmap bietet der Leitfaden viele andere hilfreiche Tipps und Wissenswertes rund um ZFarming. Anders als gängige Forschungsprojekte an Universitäten werden die Ergebnisse der dreijährigen Arbeit damit nicht nur der Fach-Community präsentiert, sondern auch Akteuren aus der Praxis sowie interessierten Laien näher gebracht. Ein Aspekt, der hier besonders hervorzuheben ist und somit – passend zum Ansatz des Urban Gardening  – das Thema für alle verständlich und nachvollziehbar macht. Der Zugang zum Thema allgemein und speziell zur Umsetzung eines gebäudegebundenen Projektes wird dadurch wesentlich erleichtert, gleichzeitig erfolgt der Transfer von Forschungserkenntnissen in die praktische Erprobung und Anwendung direkt und ohne große Umwege. Der Leitfaden ist in kürze online zum freien Download über die ZFarm-Webseite erhältlich. Der Link wird dann an dieser Stelle nachgereicht.