Im Vorfeld der EXPO wird ja bekanntermaßen immer viel um die Architektur der Pavillons diskutiert. Allen voran die Fachzeitschriften mit ihren markigen Kurzporträts der Pavillons mischen bei unser Meinungsbildung -weit weg von dem eigentlichen Ausstellungsort- ordentlich mit. Doch das Motto der Shanghaier EXPO „Better City Better Life“ verspricht mehr als nette Pavillon Architektur. Mit welchen Visionen für unsere Städte sind die Teilnehmerländer nach China gekommen? Und was kann man von dieser EXPO eigentlich erwarten- IBA oder ITB? Urbanophil war vor Ort und hat sich ein Bild gemacht. In der EXPO Reihe wollen wir Woche für Woche einen Länder- oder Themenpavillion mit euch besuchen. Diese Woche: Willkommen auf der EXPO & der UK Pavillion

Eine Stadt ist EXPO!

In der U-Bahn, auf dem Yoghurtbecher, auf der Straße, im Park, im Taxi, im Bus, im 88. Stock des Jinmao Towers, im Restaurant, in der Uni, ….um die Liste zu verkürzen überall ist EXPO in Shanghai! Das Expo-Logo und das blaue Maskottchen Hai Bao begleiten einen auf Schritt und Tritt. Alles scheint hier EXPO und man fragt sich insgeheim ob es ein Shanghai nach der EXPO gegeben kann bzw. was als nächstes kommt. Abgesehen von der im Gegensatz zu Hannover großmaßstäblich betriebenen Werbekampagne – im eigenen Land- bedeutet die EXPO für die Stadt sehr viel mehr als Publicitymehr. Das südlich von Pudong gelegene Gelände am Huang Pu Fluss ist der neue Stadtentwicklungsbaustein der 20 Millionen Metropole. Bis zur endgültigen Vergabe der EXPO an Shanghai war das Gelände beidseitig des Flusses industriell genutzt- und sollte es auch weiterbleiben. Doch mit der Umwidmung für die EXPO und der Entscheidung das Gelände in ein nachhaltiges und vorbildliches Stadtviertel umzuwandeln, gehörte diese Planung der Vergangenheit an. Unter dem Motto der EXPO ist es nun zu einer Projektions- und Experimentierfläche für die neue städtische Entwicklungen der Stadt gemacht worden.

Willkommen auf der EXPO

8.40Uhr morgens. 27C. Der ausgefeilte Plan möglichst früh auf die EXPO, um lange Wartezeiten zu vermeiden,  stellte sich leider nicht als sonderlich innovativ heraus. Wie auch, wenn man in einem Land mit ca. 1,6 Mrd. Leuten auf eine Ausstellungen gehen will. Und so drängeln wir uns mit ca. 100.000 anderen Besuchern langsam auf das begehrte Ausstellungsgelände. Die einschüchternden Besucherzahlen, die täglich über die Shanghaier U-Bahn Bildschirme flimmern hatten doch nicht gelogen. Und seitdem das Gerücht von Leuten, die vor dem Gelände zelten, um morgens als erste reinzukommen, die Runde gemacht hat, ist die gefühlte Angst nicht reinzukommen bei allen potentiellen Besuchern noch größer. Über den mächtigen Eingang, geschmückt in Nationalfarben betreten wir das Gelände. Heute wollen wir die Zone C, in dem die europäischen Pavillons stehen besuchen.  Und unser Weg führt uns zum UK Pavillon.

UK Pavillon – The Seed Cathedral

Nach längerem Fußweg über eine riesige aufgeständerte Fußgängerstraße kommen wir in Europa an. Das steht er der UK Pavillon. Die Länge der Schlange verspricht eine Wartezeit von mindestens einer halben Stunde. Nachdem gescheiterten Versuch uns als Engländer auszugeben (UK Passportholder please proceed to entrance no1) reihen wir uns also die Schlange ein. Themenschwerpunkte der Engländer ist der Umgang bzw. der noch nicht ausgeschöpfte Mehrwert, den Pflanzen für die Städte haben können. Sei es hinsichtlich naturräumlicher Qualitäten oder auch als produktive Einheit. Aufhänger dazu ist das internationale „Millennium Seed Bank Project“ das 2002 vom Royal Botanic Garden gestartet wurde.

Das Äußere der Neuinterpretation des ersten EXPO Pavillions der Welt, dem Crystal Palace, macht Freude. Die Story des Pavillons erschließt sich dank Skizze sofort. In London in Backpapier eingepackt- hat man einen großen Pflanzensamen in Form eines Gebäudes in Shanghai wieder ausgepackt. Und dort steht die jetzt die so genannte Seed- Cathedral.

Über die zu Beton gewordene auf der Fläche ausgebreitete Backpapierverpackung gelangt man in das Innere des Samens. Der Weg dorthin wird mit recht simplen the british city is a green city- slogans ausgemalt. Man merkt, dass dieser Raum eher transitorischer Natur ist.

In der Seed Cathedral angekommen- kommt man aus dem Staunen aber nicht mehr raus. Hier wird einem eine Kollektion von ca. 60.000 Samen, zusammengestellt von britischen Forschern, präsentiert. Der dunkle Raum wird durch gläserne Stäbe, die das Tageslicht ins Innere bringen beleuchtet. In den Stäben erleuchtet liegen die Samen.


In dieser wunderbaren Inszenierung verschmilzt Architektur und Natur. Nach diesem eindeutigen Höhepunkt,  denn die Kathedrale ist das einzige Gebäude des Pavillons- werden den Besuchern allerhand exotische Nutzpflanzen vorgestellt. Hier bleiben selbst nicht Biologie-Interessierte stehen.

Die ausführliche Vorstellung des in der Eigenwerbung großangekündigten städtebaulichen Konzeptes für die Olympischen Spiele in London begrenzen sich leider auf einen kleinen Planausschnitt – der neben der Wachsfigur von David Beckham gänzlich untergeht.

Als wir in den Sonnenstühlen vor der Seed Cathedral entspannen ist klar: Architektonisch hat die UK unter den Europäern einen wahren Meilenstein gesetzt, der sehr schön zu dem inhaltlichen Konzept passt. Eine Idee oder ein Konzept für die zukünftige Stadt ist hier aber nicht zu finden. Wir machen noch ein Foto mit Beckham und weiter geht’s…

Bilder: Nikolas Neubert