Teil 1: Zurück zur Nüchternheit der Fakten – um was geht es denn eigentlich?

Im Bundesverkehrswegeplan von 1985 ist der Beginn der Überlegungen zur Erneuerung der Infrastruktur auf den Strecken Mannheim – Stuttgart und der Ergänzungsstrecke zwischen Plochingen und Günzburg festgeschrieben. Primäres Ziel war es, die verworfenen älteren Planungen einer kompletten Neubaustrecke zwischen Stuttgart und München durch kostengünstigere Ergänzungen und Überbrückungen der bestehenden Trassen wieder aufzunehmen. Schwerpunkte waren die Befahrung der Strecke mit Reise- und Güterzugtypen im Mischverkehr und der Umbau in ein Hochgeschwindigkeitsnetz von damals 200km/h Reisege-schwindigkeit. Vor allem sollte die Geislinger Steige, eine lange Steigungsstrecke die bis heute nur geringe Geschwindigkeiten um 70km/h zulässt, für Schnellzüge befahrbar gemacht oder umfahren werden.

Einige Trassenvarianten wurden durchgespielt und schlussendlich die Heimerl-Variante präferiert, die schon 1988 eine Vision mit Trennung von Güter- und Regionalverkehr von Hochgeschwindig-keits-Reiseverkehr, Trassenführung entlang der Autobahn zwischen Stuttgart und München und einem Durchgangsbahnhof in Stuttgart vorsah. Diese Variante wurde 1992 per Kabinettsbeschluss der Baden-Württemberger Landesregierung recht-mäßig beschlossen und gleicht der heute zur Diskussion stehenden Variante.

Nach einigen Prüfverfahren und Machbarkeitsstudien stimmte auch die Bahn dem Vorhaben zu; die Zeit war günstig, denn Anfang der 1990er Jahre begann die Deutsche Bahn mit einer großangelegten und umfassenden Reform des Konzerns und der daraus resultierenden Anpassung der eigenen Infrastruktur, um neue Services zu lancieren. Ein weiteres Ziel war es den durch die Umstrukturierung teilweise überflüssigen Bestand veräußern zu können. Stuttgart 21 wurde so, wie z.b. auch Magdeburg, Mannheim, Ulm oder München 21 aus der Vision „Netz 21“ und dem daraus hervorgegangen Teilprojekt „Bahnhof 21“ entwickelt. Vorrangige ziele der Bahn waren ein weiterer Ausbau von Service und Qualität, was sich an den anvisierten Standorten ganz unterschiedlich ausprägte. Eines der größten, wenn nicht das größte Projekt stellt Stuttgart 21, mit dem Komplettumbau des Bahnhofs und einer großflächigen Entwicklung der Innenstadtbereiche, die durch die Demontage der Gleisbette entwickelt werden können, dar. Darüber hinaus sind, um die Streckenführung in Richtung München realisieren zu können, einige nicht unerhebliche Teilmaßnahmen nötig. Der Anschluss an den Filderbahnhof in Nähe des Stuttgarter Flughafens erfolgt durch eine kilometerlange Erschließung durch Untertunnelung der gesamten Stuttgarter Innenstadt, von dort aus geht es über eine neuzubauende Trasse an Wendlingen vorbei nach Ulm, wo die Züge auf der bestehenden Trasse nach München weitergeführt werden können. Die folgende Grafik zeigt das Gesamtprojekt, die Umfahrung der Geislinger Steige und die geplanten Untertunnelungen deutlich.

Gegenüberstellung alte und neue Trasse

Grafik: DB AG download von der offiziellen Projektseite hier

Im folgenden Teil 2: Vor und Zurück – Ringen um das Projekt seit 1995 beschäftigen wir uns mit dem Verlauf der Planungen und den Schwierigkeiten, auf Grund derer das Projekt 1998 beinahe beendet worden wäre.