Mit den Worten „und wer hot’s erfunden“ beginnt der Leitartikel der aktuelle Baunetzwoche über das Schweizer Bauvorhaben „pile up“ von Hans Zwimpfer. Interessanter als den Schwerpunkt des Online-Magazins auf die Beschreibung des Projektes zu legen, ist die Tatsache, daß es sich hierbei um das erste patentierte Raumkonzept, zumindest in Europa, handelt. Für einen Architekten ist dabei die Möglichkeit der Patentierung ebenso befremdlich, wie die Verwendung des Wortes „Erfindung“ im Zusammenhang mit dem Entwerfen von Gebäuden, welches eine juristische Voraussetzung für eine Patentierung ist. Kann doch das architektonische Entwerfen und vielleicht auch das gesamte künstlerische Schaffen als nichts anderes, als ein Kopieren, Abändern und Neu-Kombinieren bereits vorhandener Ideen gesehen werden. Das Wort „Erfinden“ fällt in diesem Zusammenhang äußerst selten.

(Das “Original”: Das Pile-UP von Hans Zwimpfer. Quelle: www.zapco.ch)

Schaut man sich das Projekt an, so fallen einem auch gleich ähnliche Projekte ein. Das „Kölner Brett“ oder gar die „Unité d’Habitation“ sind zwar nicht genau das Gleiche, doch ohne sie ist auch das „pile up“ kaum vorstellbar. Dieser Vergleich führt zu der Frage, wo die Grenze zwischen dem Kopieren (oder dem Recht der Kunst zu zitieren und zu interpretieren) und dem Schaffen oder „Erfinden“ von etwas „Neuem“ liegt? Und als Zweites: Welche Konsequenzen hätte eine Entwicklung hin zu vermehrter Patentierung in der Architektur?


(Ein- und Doppelgeschossiger, gestapelter Wohnungsbau, wie beim Pile-up. Das “Kölner-Brett”. Quelle: www.brandlhuber.com/koelnerbrett/)
Dieses Dilemma wird auch an dem ersten Rechtsstreit sichtbar, den die erste Patentierung gleich mit sich brachte. Hans Zwimpfer beschuldigt das Büro 10:8 in einem Wettbewerbsbeitrag für Guggach bei Zürich seine Idee in wesentlichen Punkten kopiert zu haben.

(Geklautes Patent? Entwurf und Quelle: Büro 10:8)

Ließt man sich das Interview in der tec21 mit den Beteiligten von Pile-Up durch und verfolgt die Entwicklung des Projektes, so erweckt es dann auch den Eindruck das wirtschaftliche Motive bei der Patentierung im Vordergrund standen. Über die Firma Zapco Ltd. soll das Konzept als Marke an verschiedenen Orten verkauft und dort angepasst werden. Die Firma streicht die Nutzungsgebühren ein und steht beratend zur Seite, wie dies bereits mit einem schwedischen Architekten geschieht.

Wann diese Entwicklung auf den großen Kanton Deutschland überspringt und welche Auswirkungen es dann zeigt, ist zu diesem Zeitpunkt schwer vorauszusagen. Bis dahin lohnt vielleicht ein vergleichender Blick im neuen Museum für Plagiarismus in Köln.