Das “Comeback des Boulevards” war das Thema des heutigen Teils der Veranstaltungsreihe, die im Rahmen von “Grand Paris a Berlin” im Kulturforum am Potsdamer Platz stattfindet. Die einführenden Vorträge über Paris, London, Los Angeles und Berlin beschäftigten sich mit den großen Boulevards, den Radialen und Ausfallstraßen der jeweiligen Städte, ihrem Aufstieg Anfang des 20. Jahrhunderts, ihrem aus heutiger Sicht betrachteten Fall in den Zeiten autogerechter Planung und den Maßnahmen, die zu einer Wiederbeatmung dieser Räume führen soll. Bei allen Maßnahmen geht es um die Verdrängung des Verkehrs, in den Vorträgen auch als Kampf um den Straßenraum bezeichnet, der zwischen Autos, anderen Verkehrsmitteln und den Menschen ausgetragen wird. Es geht darum, den öffentlichen Straßenraum neu zu verteilen, eine Zivilisierung der breiten Straßen herbeizuführen, sie zu urbanisieren, so genannte  Bürgersteig-Milieus zu erschaffen. Maßnahmen sind neben der Verbreiterung der Fußwege auch Spuren für den ÖPNV und die Fahrräder zu planen. Die “Kraftlinien” der Städte müssen eine neue Balance zwischen Transit- und Wohlfühlraum finden. Wünschenswert sind hier allerdings Konzepte, die nicht nur auf den Konsum der Menschen abzielen. Also Konzepte, in denen der neu gewonnene Freiraum als Ort der Begegnung für Städter fungiert, also auch zum rasten, spielen und austauschen. Und nicht nur als Vorgartenzonen von Restaurants, Geschäften und Cafés. Schwieriger wird die Herstellung von “Bürgersteig-Milieus” allerdings dort, wo die Ausfallstraße die Stadt verlässt, also dort, wo Innen auf Außen trifft. Hier ähneln die Ausfallstraßen eher einer Autobahn, bieten wenig Flair und möglicherweise auch nicht genügend Publikum, um veränderte Straßenräume zu nutzen. Der Transitcharakter verstärkt sich, je weiter man die Innenstadt verlässt. Wie man an diesen Stellen vorgehen könnte, konnte während der Vorträge zumindest nicht geklärt werden.

Auch die Landschaftsplaner entdecken das Thema. So widmet sich die kommende Aprilausgabe der “Garten und Landschaft” dem Thema “Verkehr” – beschäftigt sich also mit der Frage, wie Konzepte zur alternativen Nutzung von Verkehrsräumen aussehen, welche die Städte auf ihre neuen Anforderungen (Klimawandel, Rückzug in die Städte) vorbereitet.