Der Bau des Berliner Stadtschlosses ist heute von der schwarz-gelben Bundesregierung bis auf das Jahr 2014 verschoben worden. “Wir haben für die Jahre 2011 bis 2013 keine Mittel eingestellt”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Bereits im Jahr 2013 wird neu gewählt und unter einer neuen Regierung dürfte das Projekt wohl erneut auf den Prüfstand geraten, die tatsächliche Realisierung steht damit wohl auf einem recht unsicheren Fundament. Die Taz titelt schon: “Merkel sprengt das Stadtschloss”. Philipp Oswalt, Bauhaus-Direktor und langjähriger Kritiker des Projekts, äußerte sich im Tagesspiegel wie folgt: „Das ist ein spätes Eingeständnis, dass ein politisch gewolltes Projekt bei der Bevölkerung keine Rückendeckung bekommen hat“. Wie recht Philipp Oswalt mit dieser Aussage hat, zeigte uns erst in der vergangenen Woche das Ergebnis einer Forsa-Umfrage, in der sich knapp 80 Prozent (!!!) der Berliner gegen einen Schlossbau ausgesprochen haben.

Die – aus unserer Sicht höchst erfreuliche und überfällige Entscheidung – hat auch auf der Facebook-Seite von urbanophil schnelle und zahlreiche Reaktionen ausgelöst. U.a. wurde angemerkt, dass die derzeitige Zwischenbegrünung auch ihre ‘charmanten Seiten’ hat. Ein Urteil, dem wir uns anschließen möchten und welches ebenfalls in einem richtig guten, informativen und sogar etwas lustigen Artikel der SZ thematisiert wird: “Die Redewendung “Gras über eine Sache wachsen lassen” ist selten so praktisch umgesetzt worden wie gerade in Berlin. […] Die grüne Wiese sollte deswegen nicht als Zeichen des Scheiterns gesehen werden, sondern als Chance noch einmal nachzudenken. Wie sich die Berliner und ihre Besucher schon in wenigen Wochen den Platz erobert haben, ist dabei mehr als motivierend.”

Das nicht alle glücklich über diese Entscheidung sind, zeigt ein schier unfassbarer Artikel bei Spiegel Online: “Mit ihrer Entscheidung mobilisiert eine liberal-bürgerliche Regierung noch einmal alle Klischees gegen das Projekt und nährt die Häme der Gegner, die man schon überwunden glaubte und nur noch bei der Linkspartei verortete. Jetzt verlängern Union und FDP den barbarischen Abrissakt Ulbrichts ins Unendliche.” Der Kommentar ist ein Beleg dafür, dass es tatsächlich immer noch Anhänger des Baus gibt, die nicht verstanden haben, dass dieses Prestige-Objekt die gezielte Arbeit von politischen Lobby-Gruppen (namentlich der Förderverein Berliner Schloss mit seinem Vorsitzenden Wilhelm v. Boddien und seinen Strippenziehern in den politischen Parteien) gewesen ist und niemals ausreichenden Rückhalt in der Bevölkerung genossen hat. Auch im – vom Förderverein immer wieder beschworenen Ausland – sieht die Lage nicht anders aus. Wer einmal im Ausland versucht hat, das Vorhaben so neutral wie möglich zu verkaufen, hat meist nur Kopfschütteln und völliges Unverständnis für die Pläne geerntet. Mittelfristig sollte endlich das Humboldt-Forum mehr in der Vordergrund der Diskussion gerückt werden, denn was endlich an diesem Ort gebraucht wird ist eine inhaltliche Diskussion über die Nutzung und nicht eine unendlich überholte Diskussion über barocke Fassaden, die (fast) niemand haben will und die heute hoffentlich ein für alle mal beerdigt wurden. Gut, dass erstmal ein wenig “Gras über die Sache wächst”…