Der vor zwei Jahren ausgestrahlten dreiteiligen Dokumentarfilm “Speer und Er” von Heinrich Breloer warf zugleich die Frage an die moralische Verantwortung einer Profession in ihrem politischen Umfeld auf und ließ doch beim Betrachter das Gefühl zurück, daß dieses der Vergangenheit angehöre. Zwar ist ein solches totalitäre System heute nicht zu finden, aber die zunehmende Tätigkeit von westlichen Architekten in autoritären Staaten wie China, Lybien, Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten ließen die Frage in letzter Zeit wieder an Aktualität gewinnen. Von außen betrachtet scheinen sich dabei unkritische, karrieresuchende Architekten und Monumentalität wünschende Diktatoren nur allzugut zu ergänzen. (“Bauten des Bösen“, “Architektur statt Demokratie“)

Schaut man sich die Argumentationen der betreffenden Architekten an (welche in der architekturinternen Presse vollkommen fehlen), so scheinen zwei Positionen zu dem Thema vorzuherrschen. Auf der einen Seite begründen Hilde Léon, Gewinnerin des Wettbewerbes zum neuen Regierungsviertel in Tripolis/Lybien, und Ole Scheeren/Rem Koolhaas, Entwerfer des Neubaus des staatlichen chinesischen Fernsehens, ihr Engagement auf positive Veränderungsprozesse in den Ländern. Während Hilde Léon dies als Zeichen für den Aufbruch des Landes versteht, für den sie das Symbol liefert, wollen Scheeren und Koolhaas diesen Prozess sogar durch ihr Bauwerk beeinflussen. (Quellen: D-Radio, léonwohlhage, Bauwelt 25.07, Spiegel, Times)
Die andere Seite ignoriert weitestgehens die Situation oder versucht ihr positives abzugewinnen. Albert Speer Junior, Planer der “German City” in Shanghai, bezeichnet sich als Dienstleister und Gast in einem fremden Land, dem es weitestgehenst egal ist, wer an der Spitze dieses Staates steht. Von Gerkan (chinesisches Nationalmuseum in Peking und 50 weiterer Projekte in China) sieht vor allem die Qualtiät monumentaler Gebäude und Planung als Bewertungsmaßstab im Vordergrund. So werden viele Bauwerke vergangener autoritärer Regimes heute positiv bewertet und verleiten ihn zu der Ansicht, daß es “damals wohl doch keine so schlechte Zeit war“. (weitere Quellen: D-Radio, D-Funk)
Die beiden Positionen sind gut in der Zusammenfassung der Gesprächsrunde “Gebaute Bilder der Macht” der Akademie der Künste in Berlin nachzuhören (mp3). Die Frage nach Ethik in der Architektur muss dabei aber gar nicht als Verbot an das Bauens verstanden werden. Eine Infragestellung kann die Handlungsspielräume erst aufzeigen und dem Entwurf klarere Konturen und Begründungen liefern. Und die Architektur soll sich ja gerade in einer Krise befinden.