Quelle: Christian Kloss

Diesterweg-Gymnasium, Eingang Putbusser Straße (2010)

Orange die Fassade, die Ecken abgerundet, grüne Türen mit großen Bullaugen-Fenster – das Diesterweg-Gymnasium im Brunnenviertel ist ein markantes Bauwerk der Nachkriegsmoderne und einzigartig in Berlin. Es entstand von 1974 bis 1977 nach einem Entwurf der Architekten Pysall, Jensen & Stahrenberg. Nicht nur die Gestaltung des dreigeschossigen Gebäudes war futuristisch, auch das Nutzungskonzept war experimentell. Im Erdgeschoss verband eine öffentlich zugängliche „Schulstraße“ die beiden Eingänge von der Puttbusser und der Schwinemünder Straße. An der Schulstraße liegt als offener Raum die Aula mit großen, bodentiefen Fenstern. Orangene Treppen führen in das Obergeschoss, wo sich Klassenzimmer befinden, deren Wände flexibel an veränderte Raumansprüche angepasst werden konnten. Mit einer Stadtbibliothek, einem Sportplatz und einer Turnhalle und durch seine stadträumliche Einbindung fungierte die Schule als Quartiersmittelpunkt im Brunnenviertel.

Aula Diesterweg-Gymnasium (2010)

2011 wurde die Schule geschlossen, da wegen des hohen Flächenanteils pro Schüler*in und des schlechten energetischen Standard der Schulbetrieb als unwirtschaftlich galt. Seit dem wird über Abriss oder Umnutzung diskutiert, zahlreiche Personen sprachen sich für den Erhalt des Gebäudes des Gebäudes aus und wiesen auf die besondere architektonische, städtebauliche und soziale Bedeutung der Schule hin. Es gibt sogar ein ausgereiftes Nutzungskonzept um das Gebäude zu einem soziokulturellen Nachbarschaftszentrum mit Kita, Theater, Bibliothek, Sportangeboten, Gemeinschaftsgarten und preiswerten Wohnungen weiterzuentwickeln.

All das hat scheinbar nichts genutzt: Der zuständige Schulstadtrat verkündete vor wenigen Tagen, dass die Schule abgerissen wird. Der Grund dabei sei ein Wasserschaden wegen eines geplatzten Rohres. Nach sieben Jahren Leerstand nicht überraschend – unverständlich und bitter ist aber, dass die Diesterweg-Schule so lange verwahrloste. Mit dem Abriss verschwindet nicht nur ein markantes Bauwerk, auch ist die Chance vertan, ein innovatives, gemeinwohlorientiertes Umnutzungskonzept zu realisieren.

Der Artikel erschien in leicht abgeänderter Fassung am 3.10.2018 auf moderneRegional.