Biblis (Foto von Bigod, via flickr)

In Deutschland wurden zwischen 1961 und 1989 sechsunddreißig Reaktoren errichtet, von denen glücklicherweise bereits 19 Reaktoren stillgelegt werden konnten. Würde die Politik ihren eigenen Vorgaben folgen, gäbe es im Jahre 2020 gar keine Atommeiler mehr. Doch was passiert eigentlich mit diesen Bauwerken, deren Architektur und räumliche Organisation auch aus Gründen der Sicherheit vielleicht nur wenig erforscht sind? Steckt nicht auch ein bisschen Ästhetik in diesen hochtechnisierten, auf Sicherheit und Funktionalität ausgerichteten Bauwerken?Kernkraftwerke bestechen durch ihr Ensemble aus Reaktor, Kühltürmen und Rauchschwaden sowie ihrer herausragenden Einzelstellung inmitten der Landschaft. Vergleicht man deren Formensprache, ist darin ihre technische Entwicklung im Laufe der Zeit aber auch die unterschiedlichen Enstehungsepochen zu erkennen.

Der Architekt Claude Parent hat sich bereits Ende der 1970er Jahre mit der Architektur von Kernkraftwerken auseinandergesetzt und beschreibt sehr anschaulich in seinen Werken “L’ architecture et le nucléaire” und “La maison de l’atome” die durchaus vorhandene Auseinandersetzung eines Architekten mit der Formensprache von Atomkraftwerken, einer hierfür bestimmten Auswahl von Materialien und der Eingliederung oder Anpassung dieser Anlagen in die Landschaft. Interessant dazu sicherlich auch Adolf Riesters “Baugeschichte der Kernkraftwerke in der BRD” (2008) oder Walther Gerlachers “Wesen und Bedeutung der Atomkraftwerke” (1955), die aber beide noch nicht gelesen wurden.

Dies soll kein Plädoyer für die Fortführung der nuklearen Energigewinnung sein. Aber ein kleiner Denkanstoß zum Umgang mit dem Charme des Ungeliebten.


Kernkraftwerke in Deutschland (Karte: Lencer, Wikipedia)