baukulturberichtQuelle: stiftung baukultur

Am vergangenen Montag hat die Bundesstiftung Baukultur den Baukulturbericht 2014/15 der Öffentlichkeit präsentiert – kurz zuvor hatte man dem Bundeskabinett das Werk vorgelegt. Das Thema Baukultur, so bereits auf den ersten Seiten formuliert, ist in der breiten Öffentlichkeit – ohne Verwunderung – kaum bekannt. Überraschend ist allerdings, dass in vielen kommunalen Verwaltungen die gestellten Fragen zum Thema Baukultur schwer zu beantworten waren.

Dies vorweggeschickt, legitimiert sich die Notwendigkeit einer verstärkten Auseinandersetzung mit dem Baukulturbegriff. Der Bericht bietet deshalb keine straffe Definition oder Bewertungsskala für baukulturelle Qualität. „Er ist vielmehr als Grundlage für den Dialog über gute Wege für ein Mehr an Baukultur in Deutschland zu verstehen.“ Es geht also um eine verstärkte Begriffsverankerung und Darstellung der Relevanz von Baukultur; schließlich um mehr Engagement für die qualitative Gestaltung unserer urbanen Lebensräume. Mit gelungenen Infografiken – u.a. gestützt auf Erhebungen des Meinungsforschungsinstituts Forsa – gelingt dem Bericht sofort die Wichtigkeit und Dimension des Themas darzustellen. Gleichzeitig wird die Komplexität demonstriert und die Vielschichtigkeit der beteiligten Akteure und Instrumente kurz skizziert – über die verschiedenen Bauherrentypen, Bürgerbeteiligungsmodelle, Gestaltungsbeiräte oder Bau- und Planungsberufe bis zur medialen Kommunikation. Dabei werden auch die Konfliktbereiche aufgezeigt, die baukulturelle Qualität erschweren ( z.B. kurzfristige Renditeorientierung oder mangelnde (öffentliche) Planungskultur). Im Kontext der Megathemen, Globalisierung, demografischer Wandel, Energiewende, Wertewandel, technische und soziale Innovationen, werden die verbundenen baukulturellen Herausforderungen umrissen: Wie umgehen mit den erforderlichen Maßnahmen der Energiewende? oder: Welche räumlichen Auswirkungen ergeben sich mit der fortschreitenden Digitalisierung?…

Vor diesem Hintergrund und dem Fokus Stadt werden die drei thematischen Programmschwerpunkte der Stiftung vorgestellt und durch Projektbeispiele veranschaulicht: „Gemischte Quartiere“, „Öffentlicher Raum und Infrastruktur“, „Planungskultur und Prozessqualität“.

Der Bericht endet mit einem Katalog von Handlungsempfehlungen (hier in kurz):

„Handlungsempfehlungen der Bundesstiftung Baukultur 

Neuer Umgang mit Planungs- und Baukultur

-Verwaltungen und Projektstrukturen ressortübergreifend ausrichten

-Etablierung einer „Phase Null“ und Stärkung der Grundlagenermittlung im Planungsprozess

-Gestaltungswettbewerbe bei der Ausschreibung von Planungs- und Bauleistungen regelmäßig durchführen

-Reflexion von Planungsprozessen als „Phase Zehn“ zur Qualitätssicherung einführen

 Vorbildfunktion

-Öffentliche und private Bauvorhaben gestalterisch und funktional zukunftsweisend ausrichten

-Integrierte Planungen bei Verkehrsbauvorhaben unter stärkerer Berücksichtigung baukultureller und gestalterischer Belange betreiben

-Hohe Gestaltungs- und Prozessanforderungen auch bei Bauten der technischen Infrastruktur entwickeln

-Die großen räumlichen und baulichen Konsequenzen der Energiewende gestalterisch lösen

Förderung und Vermittlung von Baukultur

-Bewahrung und Pflege des baukulturellen Erbes betonen

-Stärkung von Standorten durch die Identifizierung, Förderung und Vermittlung der regionalen Identität

-Bei Auftrags- und Grundstücksvergaben baukulturelle Kriterien einbeziehen

-Vergabe von Preisen und Plaketten zur Motivation privater und öffentlicher Bauherren ausbauen“

 

Daß die Arbeit der Bundesstiftung Wirkung zeigt, ist durchaus mit dem verstärkten Vernehmen des Wortes Baukultur in den verschiedenen Debatten zur Stadtentwicklung zu begründen. Die zahlreichen Veranstaltungen und der Konvent der Stiftung befördern und sensibilisieren bereits umfassend. Parallel wird die Auseinandersetzung um die Qualität von Architektur und Städtebau mit Positionspapieren wie die „Kölner Erklärung“ oder „100% Stadt“ von anderer Seite befeuert (siehe Debatte auf Bauwelt.de).

leider fast nicht zu sehen: Bundesstiftung Baukultur auf der EXPO Real 2014

leider fast nicht zu sehen: Bundesstiftung Baukultur auf der EXPO Real 2014

Wünschenswert und viel mehr notwendig ist, dass die Debatten auch Wirkung in der Umsetzung entfalten und über interne Diskurskreise hinausgehen. Baukultur darf vor allem nicht zu einer formlosen Worthülse verkommen oder von gestaltungsfernen Disziplinen instrumentalisiert werden. Es ist deshalb der richtige und wichtige Weg, Baukulturdebatten anhand von Projektbeispielen zu führen und baukulturelle Ansichten früh in Entwicklungen einzubringen, etwa einer möglichen Ausrichtung Olympischer Spiele (in Berlin oder Hamburg).

Der Baukulturbericht steht hier zum Download bereit!