…hat es selbst Schuld und wird abgerissen.

Notizen zu einem ungewöhlichen Denkmalstreit…

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Am westlichen Ende des Brühls in der Leipziger Innenstadt verschwindet ein Bauwerk der besonderen Art. Es handelt sich um ein Kaufhaus, das 1908 erbaut wurde und nach schweren Kriegsschäden durch einen Umbau in den 1960er Jahre mit einer vorgehängten geschwungenen Aluminumfassade versehen wurde.

Die Alumniumfassade wurde von Harry Müller entworfen und ist ein typisches Beispiel der Nachkriegsarchitektur. Sie konnte nach Protesten vor der Entsorgung bewahrt werden – weichen muss das Gebäude einem Einkaufzentrum, für das bereits drei schlanke Wohnhochhäuser abgerissen wurden. Die Fassadenelemente der “Büchse”, so der Spitzname für das Kaufhaus, werden zum überwiegenden Teil  in die neue Fassade der “Höfe am Brühl” nach einem Entwurf von Grüntuch/Ernst integriert.

Beim Abnehmen der 1960er-Fassadenelemente wurde nun offensichtlich, dass die  hinter der Aluhülle versteckte Steinfassade im Stile großstädtischer Warenhausarchitektur der Jahrhundertwende im 2. Weltkrieg weit weniger in Mitleidenschaft gezogen wurde als vermutet… Dem Abriss wurde durch das Leipziger Regierungspräsidium im Vorfeld bereits die Genehmigung erteilt, obwohl noch Unklarheit über den Zustand der alten Fassade herrschte.

Während über den Wert dieser Fassadenschicht und die spannende Kombination der beiden Zeugnisse der Warenhausgeschichte diskutiert wird, fressen sich die Bagger von der Rückseite durch das Bauwerk. Mehr als Fragmente der entdeckten Fassade werden wohl nicht erhalten.

Zum Weiterlesen:
Ich war eine Büchse, Artikel im Tagesspiegel vom 02. Mai 2010 von Jürgen Tietz
Offener Brief zum Erhalt der historischen Fassade in der Leipziger Internetzeitung vom 07.04.2010