[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=07o-TASvIxY[/youtube]

Es wird höchste Zeit, diesen äußerst interessanten (und je nach vorherigem Wissensstand inhaltlich überraschenden) Vortrag von Mikael Colville-Andersen (Copenhagenize, Copenhagen Cycle Chic) auf urbanophil zu featuren. Colville-Andersen spricht über “The Culture of Fear”, die in westlichen Ländern ein starkes Motiv ist, um allerlei “Sicherheits-Produkte” zu vermarkten – u.a. eben auch Fahrradhelme. In seinem Vortrag erläutert er eindringlich, dass das offensive Promoten von Fahrradhelmen (z. B. durch das Einführen einer Helmpflicht) einen deutlich negativen Effekt auf die Fahrradnutzung hat (Australien ist eines der bekanntesten Beispiele).

http://www.cycle-helmets.com/bicycle_numbers.html

Entwicklung des Radverkehrsaufkommens in Adelaide (Australien) - 1990 wurde eine allgemeine Helmpflicht eingeführt, 1996 z. T. noch verschärft

Kommunikative Maßnahmen, die statt des Fahrradfahrens das Tragen von Fahrradhelmen in den Vordergrund stellen, tragen somit nicht zu mehr Sicherheit des Radverkehrs bei, sondern führen zum Rückgang desselben. Colville-Andersen erläutert, dass dieser Effekt sogar in Dänemark zu beobachten gewesen ist, nachdem in den letzten zwei bis drei Jahren mehrere Kommunikationskampagnen das Tragen von Fahrradhelmen in den Vordergrund gestellt hatten. Besonders erschreckend und aufschlussreich wird diese Thematik, wenn bekannt wird, dass u. a. die Auto-Industrie immer wieder in Kampagnen involviert ist, in denen Fahrradhelme promotet werden. Ein Beispiel ist ein Fahrradhelm-Design-Wettbewerb, welcher von Fiat gefördert wurde. Ein weiteres Beispiel ist das Produzieren von Fahrradhelmen durch Volvo und die gleichzeitige Unterstützung des Autokonzerns eine Helmpflicht in den Niederlanden einzuführen – dem sichersten Land für Radfahrer weltweit (s. Abbildung)! Der holländische Blog Bakfiets en Meer äußert deshalb die Vermutung, dass die Autokonzerne dies wohl tun, um gegen die Gefahren zu schützen, die von ihren eigenen Produkten ausgehen: “Volvo introduces helmet to protect against Volvos”. Genüßlich zitiert der Autor des Beitrages Statistiken, die besagen, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, in den USA ermordet zu werden, als in den Niederlanden bei einem Fahrradunfall zu sterben.

http://www.fietsberaad.nl/library/repository/bestanden/Radfahren%20in%20den%20Niederlanden2009.pdf

Die Höhe des Radverkehraufkommens hat einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit (die Niederlande sind das Land mit der niedrigsten Helmtragequote)

Colville-Andersen lenkt in seinem Vortrag die Aufmerksamkeit auf eine andere Seite des Themas: Helme für Autofahrer(die bekanntlich bei Unfällen besonders stark durch Kopfverletzungen gefährdet sind)! Obwohl es diese sogar gibt, werden sie von der Autoindustrie natürlich nicht promotet, der Grund ist nur allzu logisch: Das Promoten von Helmen für Autofahrer würde den Fokus auf die Gefahren und Risiken des Autofahrens lenken!

Weil sowohl die tatsächlichen Gefahren des Radfahrens, als auch der Schutz eines Helmes weit überschätzt werden, setzen sich deshalb zahlreiche Fahrradorganisationen gegen die offensive Förderung von Fahrradhelmen, bzw. die Einführung von Helmpflichten ein. So z. B. auch die European Cyclists Federation! Eines der vielen Argumente lautet, dass die positiven Effekte des Fahrradfahrens die negativen Risiken bei weitem übertreffen.

Das Thema ist ein komplexes, aber Colville-Andersen versteht es, die Sachverhalte anschaulich, humorvoll und inspirierend vorzutragen. Wer interessiert ist, sich etwas mehr einzulesen, dem sei die Website cykelhelmets empfohlen, auf der sich ausführlich und kritisch mit den verschiedenen Aspekten dieser Thematik auseinandergesetzt wird. Auch das abschließende Video-Interview mit Mikael Colville-Andersen kann dem interessierten Leser als ergänzende Information ans Herz gelegt werden.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=k_ZcQ24_JVQ&feature=related[/youtube]