Dem Thema Wohnen sei in der Öffentlichkeit, so konstatieren Dieter Rink und Björn Egner, seit 2010 eine vermehrte Aufmerksamkeit zugekommen. In Ihrem Buch „Lokale Wohnungspolitik“ versammeln sie deshalb Detailstudien aus 14 deutschen Großstädten, um sich dem Thema strukturiert anzunehmen.

Entgegen Entwicklungen der 1990er und 2000er Jahre werde der Diskurs zur Frage des Wohnens wieder in der Öffentlichkeit geführt und von Bundesregierung bis hin zu lokaler Zivilgesellschaft aufgegriffen. Dabei spielten sowohl baustrukturelle als auch politische Fragestellungen eine Rolle. Die Frage des Neubaus wird damit nicht nur technisch geführt, sondern vermehrt auch als „neue Wohnungsfrage“. Dadurch werden auch grundsätzliche Fragen der Zurverfügungstellung von Wohnraum (wieder) diskutiert. Gleichwohl ist die Wohnungspolitik, zumindest in der Politikwissenschaft, eher ein Randthema, das nun mit dieser Publikation stärker in den Fokus rücken soll. Hierfür versammeln die Herausgeber Beiträge verschiedener Autor*innen, die die Wohnungspolitik in 14 Großstädten reflektieren sollen. Die Auswahl der Städte ist dabei „nicht repräsentativ“, es wird aber davon ausgegangen, dass die Studie „durchaus aussagekräftig für die 77 deutschen Groß- sowie kleinere Universitätsstädte ist“ (S. 36). Die Auswahl umfasst die Städte Berlin, Hamburg, München, Frankfurt/M., Düsseldorf, Köln und Stuttgart („Big Seven“), Dortmund, Dresden, Hannover, Kassel und Leipzig („B- und C-Standorte in Ost und West“), Göttingen und Jena („Universitätsstädte West und Ost“). Die Auswahl wird auch dadurch begründet, dass dort neben typischen auch „interessante bzw. spezifische Fälle“ zu beobachten seien, die Diskussionsinhalte zu Handlungsmöglichkeiten von Kommunen böten.

Wie bereits im Untertitel deutlich wird, geht es den Herausgebern um eine Anthologie von „Beispiele[n] aus deutschen Städten“; und so muss auch das Buch gelesen werden. Der Anspruch, eine übergreifende Zusammenschau über kommunale Wohnungspolitik in Deutschland zu publizieren, kann nur bedingt eingelöst werden. Zu einseitig beziehen sich die Autoren – die fast ausschließlich aus der Sozialwissenschaft stammen – auf das Handeln der Stadtverwaltung, der kommunalen Wohnungswirtschaft oder das Zusammenspiel von Stadtverwaltung und Zivilgesellschaft in der Wohnungspolitik. Privatwirtschaftliche Ansätze finden sich nur sehr vereinzelt und werden meist kritisch bewertet. So sprechen die Herausgeber von einer „Sackgasse“ des freien Marktes und von der Notwendigkeit von Eingriffen oder zumindest Investitionen des Staates (S. 324). Andere Stimmen hierzu kommen aber leider nicht zu Wort. Das ist sehr bedauerlich, bieten doch die umfangreichen Daten zu den einzelnen Wohnungsmärkten vielschichte Interpretationsmöglichkeiten, auch im Hinblick auf das (notwendige) Engagement privater Interessen. Auch das Engagement anderer gemeinwesenorientierter Akteure der Wohnungspolitik wie Baugemeinschaften, kirchliche Siedlungswerke und Betreiber karitativer Wohnformen (wie Wohngruppen, Heime, etc.) finden keinen bedeutenden Platz in der Publikation. Die Binnenkonkurrenz dieser einzelnen Wohnformen zueinander und die lokalen Antworten darauf, hätten zumindest in den Darstellungen der einzelnen Städte kurz angerissen werden können.

Alles in allem bleibt es bei einer beispielhaften Publikation, die erste Diskursanstöße geben kann, bei vielen Themen aber oberflächlich bleiben muss. Der Band kann nur dort eine „Handreichung bieten, die über aktuelle Entwicklungen hinaus Gültigkeit hat“ (S. 8), wo das Interesse an den Möglichkeiten staatlichen Handelns in der Wohnungspolitik besteht (und diese grundsätzlich positiv besetzt werden). Wie diese sich – gerade unter den Voraussetzungen von Corona – entwickeln werden, ist eine offene Frage, die im Vorwort auch von den Herausgebern adressiert wird. Gerade hier könnte eine umfassendere Reflektion des Handelns aller Akteur*innen der lokalen Wohnungspolitik eine spannende Neuausrichtung der Fragestellung bedeuten.

Rink | Egner

Lokale Wohnungspolitik. Beispiele aus deutschen Städten.

ISBN 978-3-8487-6756-4, Nomos, 332 Seiten

Baden-Baden, 2020, Preis 64,00 Euro

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