Entwurf für einen partizipativen Stadtplanungsprozess

von Ragna Körby und Tobias Kurtz

CoverQuelle: Informations- und Projektzentrum, TU Berlin

Worum geht es?

P A R T I Z I P A T I O N.

Ein Wort, das über alle Medien hinweg und über alle gesellschaftlichen Gruppen und Schichten hinweg in den letzten Jahren wieder Konjunktur hat. Dies bekommt insbesondere die Planung zu spüren, wie die kontinuierlich geführten Bahnhofs-, Flughafen- und Konzerthausdebatten deutlich machen. Bürgerinnen und Bürger verlangen wieder mehr Beteiligung an Planungsprozessen. Sie gehen dafür auch auf die Straße, erwirken durch ein breites Engagement Volksentscheide oder ziehen vor das Bundesverfassungsgericht. Diese Indizien zusammengenommen belegen, dass formelle, rechtlich verankerte Beteiligungsmechanismen nicht mehr angemessen sind, ja mehr noch nicht mehr funktionieren. Sie sind zu spät, zu intransparent, zu unverständlich, zu [hier bitte Wunschwort einfügen]…

An dieser Stelle setzen die Autoren mit ihrem Entwurf für eine Partizipationsmethode an, die sie Parlament der Visionen nennen. Sie stellen damit aber keine alternative formelle Planungsmethode vor. Vielmehr verstehen sie das Parlament der Visionen als informelles vorgeschaltetes Instrument, das formelle Instrumente nicht ersetzen soll, aber den Anspruch erhebt, wesentlich zur Konsensfindung bei allen Betroffenen beizutragen.

In einem dreigeteilten expertenmoderierten Arbeitsprozess (Erforschen – Entwerfen – Entscheiden) wird durch Anwohner, Betroffene, Interessierte und Nutzer des betreffenden Planungsraumes ein stringent nutzer- und konsensorientiertes Konzept für den Raum entworfen.

Wie ist das Buch aufgebaut?

Das handliche 130-Seiten-Werk gliedert sich in eine Grundlagen- und einen Praxisteil. Im Grundlagenteil wird für den fachlichen Einsteiger erläutert, was es mit der Partizipation in der Planung auf sich hat und wie Partizipation in der Planung historisch einzuordnen ist. Was im Ansatz gut gedacht ist, kann in der Umsetzung jedoch nicht fortgesetzt werden: Mit nur einer Seite zum Verhältnis von Planung und Partizipation wird das Buch diesem historisch sehr wechselhaften Verhältnis und dessen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der Planungsdisziplin kaum gerecht.

Im Praxis- und Hauptteil des Buches findet man dann eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Durchführung eines Parlaments der Visionen. Dort wird für jeden der drei Arbeitsphasen zunächst allgemein erläutert, was Inhalt und Absicht der jeweiligen Arbeitsphase ist. Daran anschließend beschreiben die Autoren in prägnanten und – gerade richtig für den Praktiker – knapp gehaltenen Text und gut verständlichen Grafiken und Abbildungen die eigens dafür entwickelten Methoden, um das zuvor definierte Ziel der Phase zu erreichen.

Sie geben damit ein vielfältiges und methodisch-didaktisch aufeinander abgestimmtes Instrumentenset für die Durchführung dieser Partizipationsmethode an die Hand. Die Darstellungen erfolgen an einem Musterbeispiel aus Berlin. Auch das trägt maßgeblich dazu bei, das didaktische Konzept des Parlaments verständlich und nachvollziehbar zu vermitteln. Ein überzeugendes Mittel im Vergleich zu anderen „Methodenbüchern“, die sich oft auf eine theoretische Beschreibung von Methoden beschränken.

Ein Resümee am Ende des Buches fasst die Absichten des Parlaments der Visionen zusammen und hebt noch einmal den Bedarf für eine transparente, hierarchiefreie, gleichberechtigte Kommunikation und Beteiligung in Planungsprozessen hervor.

Für wen ist das Buch?

Laut Autoren richtet sich das Parlament der Visionen „an die Stadtbevölkerung, als auch die Stadtverwaltung, an Stadtplaner und Architekten.“ Dies scheint auch gleichermaßen für das Arbeitsheft zu gelten. Bei der Lektüre des Heftes führt dies jedoch zu teilweiser Verwirrung. Mal wird bei der Leserschaft Vorwissen zu bestimmten planerischen Verhaltensweisen und Erkenntnissen vorausgesetzt, mal wird wieder für Planer selbstverständliches Wissen erläutert und neu eingeführt. Dies führt dazu, dass die Frage nach der Zielgruppe des Buches nicht beantwortet werden kann. Dass sich das Instrument gleichermaßen an Planer und Bürger richtet, wird jedoch trotzdem deutlich.

Was bleibt nach der Lektüre?

Partizipation muss gelernt werden. Diese der Methode zugrunde liegende These wird während der gesamten Darstellung immer wieder herangezogen. Konsequent verfolgen die Autoren diese These und belegen diese mit dem vorliegenden Instrument schlüssig und nachvollziehbar.

Partizipation muss gelernt werden. Ein Satz, der hängen bleibt. Ein Satz, der in der Praxis viel stärker verinnerlicht werden sollte. Ein Satz, den die Autoren mit einem konkreten Angebot verknüpfen.

Fazit: Lesen – Erproben – Beteiligen.

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Das Parlament der Visionen
Entwurf für einen partizipativen Stadtplanungsprozess

Ragna Körby & Tobias Kurtz

Berlin 2012, 146 Seiten
ISBN 978-3-7983-2415-2
Euro 14,90

zu beziehen über Institut für Stadt- und Regionalplanung