Seit Wim Wenders diesem verwunschenen Ort, der Teilungswunde zwischen den Welten, in „Himmel über Berlin“, damals noch von West-Berliner Seite, ein Denkmal gesetzt hat und das Gleisdreieck im Film 80.000 Shots immerhin noch eine tragende Nebenrolle abbekommen hat, ist dieses Areal einer meiner Lieblingsorte in Berlin.

Nach langer Brach-Zeit und vielen unterschiedlichen Zwischennutzungen (von denen die Driving Range sicher eine der coolsten war) wurde seit 2005 geplant und letztes Jahr der erste Teil des neuen Parks am Gleisdreieck eröffnet.

2013 soll der letzte Teil, der Westpark der Bevölkerung übergeben werden, womit das ehemals als Landwirtschaftsfläche, Güterbahnhof, Bahnstrecke und Logistikfläche für den Umbau des Potsdamer Platzes in den 1990er Jahren genutzte und brachgefallene Areal nahezu komplett als Park- und Erholungsfläche be- und überplant wurde. Es wurde das größte Freiraumprojekt Berlin der letzten Jahrzehnte, das zwischen Schöneberg und Kreuzberg eine grüne Verbindung schaffen soll, die die Geschichte aber auch die Zukunft des Ortes im Blick hat.

 

Kunstprojekt GLEISDREIECK BERLIN 2012

Abb.: Jovis Verlag

Begleitend zu diesem Umbau wurden die Wechselbeziehung zwischen Kunst und Landschaftsgestaltung in den Transformationsprozess integriert und deren Kraft in den Entstehungsprozess eingebunden. Es entstand ein von zwei Schweizer Kuratoren initiiertes Ausstellungsprojekt, das zwischen dem 21.07. und dem 23.09. dieses Jahres im östlichen Teil des Parks stattgefunden hat.

Insgesamt 23 KünstlerInnen ließen sich von der Topographie, der Geschichte und deren Spuren, den vorherigen und zukünftigen Nutzungen, dem Planungsverlauf und dem Ort selbst inspirieren und schafften Kunstwerke unterschiedlichster Materialität, die temporär im Park installiert wurden.

Begleitend zur Ausstellung wurde vom Jovis Verlag ein kleiner handlicher Katalog aufgelegt, der einem Reiseführer ähnlich die Intentionen der Projektpartner und der Kuratoren darlegt. Zudem bietet der Band interessante Einblicke in die Historie des Parks und liefert, eine als Zwischenseiten angelegte Mini-Dokumentation des Bestandes und Baus des Parks, die ich mir etwas ausführlicher gewünscht hätte.

Der Kunstgeschichtler und Kurator Marvin Altner stellt die KünstlerInnen und jedes der ausgestellten Kunstwerke ausführlich vor, was bei den teiweise schwer zugänglichen Arbeiten eine gute Hilfe darstellt. Er beschränkt sich hierbei auf das allernötigste, ohne zu kurz zu geraten oder kryptisch und unverständlich zu werden. Es sind Gebrauchstexte, die informieren aber noch Spielraum lassen, die Werke selbstständig zu erschließen.

Ich persönlich habe einige der Werke im Sommer gesehen und jetzt retrospektiv einiges verstehen können, was mich vor Ort mit Unverständnis zurückgelassen hat. So kann ich, obwohl die Ausstellung schon seit ein paar Wochen vorbei ist (wobei ich nicht weiß, ob schon alles wieder abgebaut und entfernt ist), unbedingt empfehlen den Band mal durchzublättern und sich von der Planung, den aufschlussreichen Texten und den Werken inspirieren zu lassen. Schade, dass der Band so spät veröffentlicht wurde; Das Reiseführer-Format wäre ein schöner Begleiter auf der letzten Sonnenuntergangsradtour entlang der Werke durch den Park gewesen.

 

GLEISDREIECK BERLIN 2012- Kunst im öffentlichen Raum

Herausgeber: Francine Eggs / Andreas Bitschin / Marvin Altner

Erschienen im Jovis Verlag

Broschur; 96 Seiten mit 45 farb. Abbildungen

Preis 14.95 Euro; ISBN 978-3-86859-193-4

Musterseiten

Weiterführende Links:

Flickr Foto-Gruppe Gleisdreieck

Grün Berlin – Park am Gleisdreieck