Mit einer großen Ausstellung würdigt das Architekturmuseum der TU München aktuell den Pionier der Präfabrikation. Konrad Wachsmann, der 1959 in seinem Hauptwerk, ‘Wendepunkt im Bauen’ die anbrechende Industrialisierung des Bauens ankündigte, erscheint wieder aktuell – kommt doch die ökonomische Leichtigkeit der Prefab-Häuser in Zeiten des ökologischen Bauens neu in Mode, während zugleich digitale Methoden neue Möglichkeiten der exakten Vorfertigung eröffnen.

Konrad Wachsmann, Flugzeughangar für United States Air Force, 1950-1953 Foto: A. Laurenzo

Die Veranschaulichung der konstruktiven Ideen gelingt der Schau vor allem mit Hilfe nachgebauter Modelle, die durch Computeranimationen und Filmmaterial ergänzt werden. So steht man ebenso staunend wie die Architekten der 50er Jahre einer Ikone der Zeit gegenüber: dem Flugzeughangar, der für die Zeitgenossen die Schönheit der reinen Mathematik verkörperte und bei geringem Eigengewicht riesige Flächen überdachte. Als 1959 in der Galleria del’Arte Moderna in Rom das Werk des Architekten parallel zu einer großen Le Corbusier-Schau präsentiert wurde, schien der Glanz des radikal Neuen und der vermeintliche Durchbruch des Technischen gar das Werk des daneben nahezu altmeisterlich anmutenden Le Corbusier zu überstrahlen.
Die Ausstellung leistet vor allem eine umgreifende Kontextualisierung eines in seinen Bezügen und Konsequenzen noch wenig aufgearbeiteten Architektenwerkes. Gleich neben dem Hangar-Modell stehen zwei weitere Klassiker des leichten Bauens: Richard Buckminster Fullers Geodesic Dome und das Wichita House, das von eine System aus gespannten Seilen gehalten wird und Fullers Forderung, die Qualität eines Gebäudes nach Leichtigkeit und Materialeffizienz zu bemessen, illustriert.
Die Wurzeln des Leichtbaus kann man bis zum Tetrahedral-Tower Alexander Graham Bells und weiter zurück verfolgen, das Werk Wachsmanns bis zu seinen Anfängen im Holzbau. Ein weiterer Bezug führt zu den partizipativen, mit fester Trägerstruktur und flexiblem Modul operierenden Bauprojekten der 60er Jahre. Dabei liegt der Fokus eher auf dem Realisierten als dem Visionären der Zeit, den kleinen Erfolgen, die oft neben dem grandiosen Scheitern verblassen. Von der Metastadt Wulfen zeigt die Ausstellung lieber den Probeaufbau des Bausystems in München anstelle der Sprengung in den späten 80er Jahren. Der Bogen des historischen Abrisses reicht bis hin zur 2010 realisierten Wohnsiedlung Triemli in Zürich-Albisriedeln, wo durch digitale Präzision und Formvarianz der typische Platten-Look vermieden werden soll.
Damit ist die Ausstellung bei ihrer Grundthese angelangt: der Digitalisierung als zweitem Wendepunkt nach der Industrialisierung des Bauens. Der Besucher kann den nächsten Raum betreten und erblickt die Produkte parametristischer Entwurfsmethoden, deren unter dem Schlagwort der Komplexität zusammengefasste Formen ähnliche Begeisterung hervorrufen wie vor einem halben Jahrhundert die klare mathematische Sprache des Hangar-Tragwerks. Der Baurobotik, für die Konrad Zuse eine Scharnierstellung einnimmt, ist hier ein interessanter Exkurs gewidmet. Der Beweis, dass diese Neuansätze dem Projekt der ‘Industrialisierung des Bauens’ seinen negativen Beiklang nehmen werden können, steht noch aus – auch die Kuratoren der Ausstellung geben sich angesichts der Eigenlogik der technischen Form skeptisch –, dass der Besuch in der Pinakothek ein lohnendes und erhellendes Unterfangen ist, steht jedoch auch ohne diesen außer Zweifel.